Gastroschisis
Direkt zum passenden Inhaltsbereich
Die Gastroschisis ist eine seltene angeborene Fehlbildung, bei der die Bauchwand des Kindes nicht vollständig geschlossen ist, sodass die Bauchorgane, meist Dünn- und Dickdarm, frei vor der Bauchwand liegen und nicht von einem Bruchsack bedeckt sind. Diese Fehlbildung tritt bei 4-5 von 100.000 Geburten auf und erfordert eine spezialisierte Behandlung in Zentren für angeborene Fehlbildungen.
Mögliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer Gastroschisis sind junges mütterliches Alter, maternale Infektionen, sowie Konsum von Alkohol, Drogen und Nikotin während der Schwangerschaft.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt meist pränatal durch routinemäßige Ultraschalluntersuchungen. Der direkte Kontakt der frei liegenden Darmorgane mit dem Fruchtwasser führt zu entzündlichen Veränderungen und verzögerter Reifung der Darmbewegung, wodurch eine normale Nahrungsaufnahme in den ersten Wochen nach der Geburt häufig erschwert ist. Besteht der Verdacht auf eine Gastroschisis kann eine Blutuntersuchung der Mutter durchgeführt werden. Hier spricht ein erhöhtes AFP (Alpha-Fetoprotein) im mütterlichen Serum eher für eine Gastroschisis als eine Omphalozele.
Postnatal gehört zu den Routineuntersuchungen von Patienten mit einer Gastroschisis die Ultraschalluntersuchung des Herzens, der Bauchorgane, des Kopfes und der Nieren. Jedoch sind Fehlbildungen an anderen Organsystemen eher selten.
Unser Behandlungskonzept
Die kinderchirurgische Versorgung von Neugeborenen mit einer Gastroschisis beginnt unmittelbar nach der Geburt im Kreißsaal. Aufgrund des Risikos für Wärme- und Flüssigkeitsverluste über den freiliegenden Darm, werden Neugeborene mit einer Gastroschisis in eine spezielle und sterile Kunststoff-Folie gelegt und erhalten eine kontrollierte Flüssigkeits- und Wärmezufuhr. Eine Magensonde wird zur Dekompression gelegt.
Das Hauptziel der Therapie ist die zeitnahe Rückverlagerung des Darms in die Bauchhöhle, üblicherweise auf der Intensivstation oder bei begleitenden Fehlbildungen im Operationssaal. Je nach Größe des Defekts stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung: Bei kleinen Defekten kann ein nahtloses Verschlussverfahren oder eine kleine Naht angewendet werden, während bei mittleren bis großen Defekten Methoden wie ein Silikonbeutel (Silo) oder Fasciotens zur Dehnung der Bauchwand genutzt werden, um ausreichend Platz für die prolabierten Organe zu schaffen. In einigen Fällen kann ein Bauchdeckenverschluss mittels Patch erforderlich sein. Begleitende Fehlbildungen im Gastrointestinaltrakt können die temporäre Anlage eines Stomas notwendig machen. In seltenen Fällen tritt eine begleitende Darmatresie auf, vor allem im jejuno-ilealen Bereich, die möglicherweise erst im Verlauf erkannt wird. Die Behandlungsoptionen reichen hier von Resektion und Anastomose bis zur Anlage eines Stomas, abhängig vom Zustand des Darmgewebes. Eine Antibiotikaprophylaxe wird routinemäßig durchgeführt.
Nach dem Bauchwandverschluss wird der intraabdominelle Druck mittels Blasendruckmessung überwacht, wobei ein pathologischer Wert über 20 mmHg auf mögliche Komplikationen wie das abdominelle Kompartmentsyndrom hinweist. Ein häufig auftretender paralytischer Ileus kann bis zu 4-6 Wochen anhalten; bei andauernden Symptomen erfolgt eine Kontrastmittel-Darstellung.
Nachsorge
Am Universitätsklinikum Mannheim bieten wir ein spezialisiertes Nachsorgeprogramm für Kinder mit Gastroschisis an. Bis zum ersten Lebensjahr führen wir regelmäßige Termine in unserer Sprechstunde für gastrointestinale Fehlbildungen durch, gefolgt von jährlichen Nachuntersuchungen zur langfristigen Betreuung der Patienten. So können typische Folgeerscheinen eines Bauchwanddefektes wie gastroösophagealer Reflux, Verwachsungen, Hodenhochstand frühzeitig erkannt und behandelt werden.