Kloakenekstrophie
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Die kloakale Ekstrophie (auch OEIS-Komplex genannt) gehört zu den sehr seltenen, aber hoch komplexen angeborene Hemmungsfehlbildung. Es zeigt sich neben dem Bauchwanddefekt eine fehlende Analöffnung – dafür besteht eine gemeinsame Öffnung des Urogenitaltraktes und des Darms (sogenannte Kloake). Die Organe des Urogenitaltraktes wie auch des Enddarms sind unvollständig entwickelt und teils durch den bestehenden Bauchwanddefekt außerhalb der Bauchhöhle sichtbar. Zusätzlich sind weitere Genitalfehlbildungen und ein gespaltenes Becken vorliegend. Weitere Begleitfehlbildungen z. B. der Nieren, der Wirbelsäule oder der Gliedmaßen sind möglich. Diese Malformation tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1: 200.000 bis 400.000 Neugeborenen auf. Sie betrifft Jungen und Mädchen gleichermaßen und wird häufig im Rahmen pränataler Untersuchungen bereits während der Schwangerschaft diagnostiziert. In einigen Fällen kann die Diagnose jedoch erst nach der Geburt gestellt werden. Die genauen Ursachen der kloakalen Ekstrophie sind bis heute nicht vollständig verstanden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass genetische und umweltbedingte Faktoren eine Rolle spielen. Während der Embryonalentwicklung kommt es zu einer Fehlbildung in der Anlage der Bauchwand und der urogenitalen Organe. Dies führt dazu, dass die Strukturen des unteren Bauchs und der Beckenregion sich nicht korrekt entwickeln und teilweise außerhalb des Körpers sichtbar sind. Ein Zusammenhang mit bestimmten genetischen Mutationen oder Umweltfaktoren konnte jedoch bislang nicht eindeutig bestätigt werden.
Diagnostik
In vielen Fällen wird die Kloakenekstrophie bereits vorgeburtlich im Rahmen der Pränataldiagnostik durch eine Ultraschalluntersuchung erkannt. Die Diagnosestellung nach der Geburt erfolgt klinisch durch die sichtbare Fehlbildung des Bauches und des Beckenbereichs. Zur genaueren Abklärung der Fehlbildungen wird eine umfassende Untersuchung des Kindes durchgeführt, einschließlich Ultraschall des Bauchraums, der Nieren und der Harnwege sowie einem Ultraschall des Herzen, um eventuelle Begleitfehlbildungen zu erfassen. Ein MRT des Rückenmarks und des Beckens ist ebenfalls häufig erforderlich, um die Ausdehnung der Fehlbildungen zu bestimmen und mögliche Verknüpfungen mit anderen Strukturen zu erkennen. Diese detaillierte Diagnostik ist wichtig, um einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln, der auf die speziellen Bedürfnisse des Kindes zugeschnitten ist.
Unser Behandlungskonzept
Die Therapie der kloakalen Ekstrophie ist komplex und erfolgt meist in mehreren operativen Schritten. Primäres Ziel der Behandlung ist es, die Funktionalität des Urogenital- und Darmtraktes wiederherzustellen, die anatomische Struktur sowie die Kontinuität der Bauchdecke und des Beckens zu rekonstruieren. In vielen Fällen ist eine erste Operation bereits innerhalb der ersten Lebenstage erforderlich, um einen künstlichen Darmausgang (Anus praeter) für die kontrollierte Stuhlpassage anzulegen. Im Alter von wenigen Monaten erfolgt in einer zweiten Operation die Rekonstruktion des Urogenitaltraktes und die Anlage einer dauerhaften Verbindung des Darms zum Anus. Dabei wird die sogenannte „posteriore sagittale Anorektoplastik“ (PSARP) angewandt, um den Darm zentral im Schließmuskelbereich zu positionieren. Sollte ein künstlicher Darmausgang vorab angelegt worden sein, wird dieser in einer letzten Operation nach einigen Monaten verschlossen und die Darmkontinuität wiederhergestellt.
Nachsorge
Die Nachsorge ist entscheidend für den langfristigen Behandlungserfolg und erfolgt multidisziplinär. Langfristige Probleme wie Blasenfunktionsstörungen, Harnwegsinfektionen oder Verstopfungen sind möglich. Unsere strukturierte Nachsorge begleitet die betroffenen Kinder und ihre Familien multimodal bis ins Erwachsenenalter. Anfangs erfolgen die Nachsorgetermine engmaschig, bei gutem Verlauf können diese später auf monatliche bis jährliche Abstände gestreckt werden. Alle Patienten werden in unserem strukturierten Nachsorgeprogramm betreut und bei Bedarf gemeinsam mit Experten aus den Erwachsenendisziplinen weiterbehandelt, um eine lebenslange Nachsorge zu gewährleisten. Ziel ist es, den betroffenen Kindern eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen und ihre Entwicklung optimal zu unterstützen.
Unsere Klinik verfügt diesbezüglich über ein hochspezialisiertes Team aus Kinderchirurgen, Urologen, Anästhesisten, Kinderärzten und Psychologen, das sich auf die Behandlung der kloakalen Ekstrophie spezialisiert hat. Durch eine enge Zusammenarbeit dieser Disziplinen können wir eine umfassende und individuell angepasste Versorgung anbieten, die den Bedürfnissen der betroffenen Kinder und ihrer Familien gerecht wird. Unser Ziel ist es, den Betroffenen eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen und sie auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu begleiten.
Wenn Sie Fragen zur Behandlung der kloakalen Ekstrophie haben oder eine Beratung wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Unser erfahrenes Team hilft Ihnen dabei, die bestmögliche Behandlung für Ihr Kind zu finden.
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.soma-ev.de (Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Anorektal-Fehlbildungen, Morbus Hirschsprung und Kloakenekstrophie)