Megaureter
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Der Harnleiter (Ureter) ist ein paarig angelegtes Organ, das den Urin von den Nieren zur Blase befördert. Der Begriff Megaureter (oder Hydroureter) ist rein deskriptiv und beschreibt einen Harnleiter, der vor seiner Einmündung in die Harnblase auf ≥7 mm aufgeweitet ist. Es kann zudem sein, dass der gesamte Harnleiter sowie das Nierenbeckenkelchsystem von der Aufweitung betroffen sind. Für die Aufdehnung des Harnleiters gibt es unterschiedliche Ursachen und darauf basierend unterscheidet man verschiedene Formen des Megaureters.
Primärer Megaureter: Entstehung des erweiterten Harnleiters durch eine strukturelle/funktionelle Störung der Harnleitermündung in die Harnblase.
Sekundärer Megaureter: Sekundäre Formen des erweiterten Harnleiters treten aufgrund einer anatomischen oder funktionellen Abflussstörung des unteren Harntraktes auf. Zu den auslösenden Ursachen bzw. Erkrankungen zählen unter anderem neurogene Blasenentleerungsstörungen, Urethralklappen, Ureterozelen, Ureterektopien, das Prune-Belly-Syndrom oder das Megazystis-Megaureteren-Syndrom.
Diagnostik
Häufig wird das Vorliegen eines Megaureters bereits im Mutterleib festgestellt. Der Ultraschall (Sonographie) stellt die wichtigste Bildgebung für die Diagnostik dar. Für die korrekte Beurteilung eines Megaureters sind in der Regel sonographische Verlaufsbeobachtungen erforderlich. Die 1. Sonographie nach Geburt sollte in der Regel am 3.-5. Lebenstag erfolgen; die zeitlichen Abstände der weiteren Sonographie-Kontrollen sind individuell anzupassen und hängen von dem Ausmaß und der weiteren Entwicklung der Harnleiteraufweitung über die Zeit ab.
Die Notwendigkeit einer weiterführenden Diagnostik bei asymptomatischen Patienten wird aufgrund der häufig fehlenden Therapiekonsequenz zur Vermeidung einer Überdiagnostik kontrovers diskutiert. Unumstritten ist dabei, dass im Falle einer ausgeprägten Aufweitung des Nierenbeckenkelchsystems, rezidivierenden Harnwegsinfektionen, einer dys-/hypoplastischer (fehlentwickelten) Niere auf der Gegenseite oder eines beidseitig vorliegenden Megaureters insbesondere bei Jungen weitere Untersuchungen notwendig werden[5]. Dabei sollte z. B. nach einer fieberhaften Harnwegsinfektion – zum Ausschluss eines Refluxes des Urins aus der Harnblase in den Harnleiter und die Nieren – eine dynamische Darstellung der Blasenentleerung im Ultraschall (MUS=Miktionsurosonographie) oder im Röntgen (MCU=Miktionszystourographie) erfolgen. Zur Beurteilung der seitengetrennten Nierenfunktion und der Harnabflussverhältnisse benötigt man ggf. die Durchführung einer Nierenfunktionsprüfung (Nierenszintigraphie). Sehr selten kann in komplexen Fällen eine MRT-Untersuchung sinnvoll sein.
Unser Behandlungskonzept
Ziel der Therapie ist es einen Funktionsverlust der Niere/n und (fieberhafte) Harnwegsinfektionen zu vermeiden.
Über 80% der Patienten mit primärem Megaureter können rein konservativ beobachtet und eine operative Therapie vermieden werden. In diesen Fällen bildet sich die Aufweitung ohne Nierenfunktionsverluste meist innerhalb des 1.-3. Lebensjahres spontan zurück. Bei den betroffenen Kindern ist jedoch insbesondere während des 1. Lebensjahres das Risiko für Harnwegsinfektionen erhöht, dabei steigt das Risiko mit der Aufweitung des Harnleiters an. PatientInnen mit einem Harnleiter ≥7mm haben ein knapp 5-fach erhöhtes Harnwegsinfektionsrisiko. Eine antibakterielle Langzeitprophylaxe im 1. Lebensjahr kann das Risiko von Harnwegsinfektionen in diesen Fällen auf die Hälfte reduzieren. Bei Jungen sollte darauf geachtet werden, dass die meist vorhandene natürliche Verengung der Vorhaut durch eine Therapie mit einer kortisonhaltigen Salbe gelöst wird, da die Verengung einen zusätzlichen Risikofaktor für Harnwegsinfektionen darstellt.
Im Falle einer zunehmenden Aufweitung des Ureters durch eine relevante Abflussstörung im zeitlichen Verlauf, Nierenfunktionsverluste oder beim Auftreten von Komplikationen wie bspw. rezidivierenden oder anders nicht beherrschbaren Harnwegsinfektionen, Steinleiden oder Flankenschmerzen, kann eine chirurgische Therapie notwendig werden. Eine Operation wird in der Regel erst nach Vollendung des 1. Lebensjahres durchgeführt, dabei gibt es unterschiedliche OP-Techniken, um den Harnleiter im Rahmen einer offenen Operation neu in die Harnblase einzupflanzen (Ureterozystoneostomie). In unserem Zentrum wenden wir in der Regel die Harnleiterneuimplantation in Psoas-Hitch-Technik an, da diese eine Erfolgsrate von >90 % aufweist. In manchen Fällen muss der Ureter zudem verschmälert werden.
Für die Therapie des sekundären Megaureters steht die Behandlung der auslösenden Erkrankung im Vordergrund.
Nachsorge
Die Nachsorge erfolgt, bis die Weitung des oberen Harntraktes nicht mehr nachweisbar ist. Eine langjährige, kontinuierliche und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kinderurologen und -nephrologen ist essenziell für die adäquate Versorgung bis in das Erwachsenenalter.